PUSH-ROD by ZORN Motorsport - eine Übersicht
Kapitel 1: das wichtigste zuerst (die Vorteile)
Wir werden oft gefragt, warum man Push-Rod Systeme trotz ihrer bedeutenden Vorteile nicht öfter antrifft. Für den Rennsport liegt die Antwort auf der Hand: es kommt darauf an, ob das jeweilige Reglement eine Push-Rod-Anlenkung des Federbeins zulässt. Nehmen wir mal die vom DMSB ausgeschriebenen Rennserien:
bis auf Gruppe H im Slalom und E1 am Berg gibt es keine Möglichkeit, nachträglich auf Push-Rod umzubauen.
Was Serienfahrzeuge angeht, sieht die Welt ganz anders aus. Die Fahrzeughersteller hätten theoretisch freie Hand. Doch neben der Kostenseite (Push-Rod = mehr Teile im Fahrwerk = teurer) verhindert üblicherweise das Thema Bauraum den Einsatz von Push-Rod-Anlenkungen. Ein Mittelklasse-Kombi ohne Kofferraum, weil
innenliegende Federbeine den Platz versperren? Unpraktisch!
So kommt es, dass Push-Rods maßgeblich bei extrem hochpreisigen Sportwagen zum Einsatz kommen. Die Produktionskosten spielen kaum eine Rolle und Kofferraum wird sowieso nicht benötigt.
Nun kommen wir zu unserem persönlichen ZORN-Motorsport-Ranking in Sachen Vorteile eines Push-Rod Systems und dazu, warum es Sinn macht, Push-Rods nachzurüsten:
Vorteil #1: Reduktion der ungefederten Massen
Inhalt
Vorteil #2: Einstellung der Fahrhöhe ohne Einfluss auf die Federwege/Dämpferwege
Inhalt
Vorteil #3: einfache
Implementierung von Messtechnik
Inhalt
Vorteil #4: mehr Platz für die Räder
Inhalt
Vorteil #5: Gewichtsersparnis allgemein
Inhalt
Kapitel 2: die Technik
2.1 Umlenkungsmechanismus
Der Aufbau eines Push-Rod Systems ist recht einfach zu beschreiben. Das Federbein wird mittels einer Umlenkung (bestehend durch eine Schubstrebe und einen so genannten Rocker) an eine andere Position im Fahrzeug versetzt.
Die Federbeine können dabei theoretisch beliebig im Raum positioniert werden, so lange die verwendete Dämpfertechnologie eine entsprechende Position zulässt: quer zur Fahrtrichtung, längs zur Fahrtrichtung, stehend oder liegend - oder eben diagonal.
Das einzige was bei der Konzeption beachtet werden sollte ist, dass die Lasteinleitung in den Umlenkungsmechanismus möglichst ohne Querkräfte erfolgt. Querkräfte sind nicht nur negativ für die Lebensdauer der Lagerung sondern erzeugen auch zusätzliche Reibung. Daher erfolgt die Anbindung von Schubstrebe und Dämpfer üblicherweise durch sphärische Lager (umgangssprachlich Uniball genannt).
Eine grundlegende Frage ist außerdem die Wahl des Übersetzungsverhältnisses von Radhub zum Hub des Federbeins. Hier gibt es kein richtig oder falsch – in der Regel hängt die Auswahl von 3 Faktoren ab:
- Einsatzzweck des Fahrzeugs
- zur Verfügung stehender Bauraum
- zur Verfügung stehende Systemkomponenten (beispielsweise Auswahl der Federn)
Drei mögliche Fälle sind denkbar:
Fall 1
Übersetzung 1:1 Rad/Federbein (Radhub entspricht dem Hub am Federbein)
Anwendungsfall: Federbein wird bei freistehenden Rädern maßgeblich aus Aerodynamik-Gründen hinter Verkleidungen/Karosseriebauteile verlegt
Fall 2
Übersetzung >1, beispielsweise 2:1 Rad/Federbein
Vorteil: das Federbein kann im Verhältnis deutlich kleiner und leichter ausfallen
Nachteil: extrem hohe Federraten notwendig (nur ein echter Nachteil, wenn diese Federn nicht zum Standard-Programm des Federnherstellers gehören)
Anwendungsfall: Rennfahrzeuge, beengte Platzverhältnisse
Fall 3
Übersetzung <1, beispielsweise 1:2 Rad/Federbein
Vorteil: Dämpfer und Anschlagpuffer können etwas filigraner abgestimmt werden
Nachteil: extrem hoher Platzbedarf für die Federbeine
Anwendungsfall: aus Rennfahrzeugen abgeleitete Straßen-Sportwagen
Wir haben uns aufgrund der Platzverhältnisse und der Gewichtsreduktion für eine Übersetzung >1 entschieden.
2.2 Federn
Die nachfolgende Tabelle ist ausdrücklich keine allgemeingültige Tabelle. Sie legt zwei Annahmen zu Grunde: nämlich einerseits das von uns vordefinierte Übersetzungsverhältnis unseres Push-Rod Systems und andererseits eine ungefederte Masse von nur 20kg, was definitiv nur für Fahrzeuge mit kleinen Rädern zutrifft.
Ihr könnt daraus ablesen, welche Federrate wir abhängig von Einsatzzweck und Achslast empfehlen würden und ob diese Federrate in unserem Sortiment verfügbar ist. Grüne Felder = Federrate ist verfügbar.
Falls ihr einen Anwendungsfall mit anderen ungefederten Massen oder höheren Achslasten habt, nehmt gerne Kontakt mit uns auf.
2.3 Dämpfer
Es gilt zu beachten, dass handelsübliche Zwei-Rohr-Dämpfer in der Regel nicht zur Anwendung in Push-Rod Systemen geeignet sind. Sie kommen ohne Gas-Öl-Trennung und würden bei extremer Schrägstellung zur Verschäumung neigen und keine oder nur noch geringe Dämpfkräfte stellen - oder im günstigsten Fall „nur“ verzögerten Kraftaufbau zeigen. Nicht nur im Renneinsatz, auch im Straßenbetrieb eine extrem gefährliche Angelegenheit.
Als Faustformel gilt: spätestens sobald Einbauwinkel von 40° überschritten werden, werden entweder Dämpfer mit externem Reservoir (Ausgleichsbehälter) oder Dämpfer in Einrohr-Bauweise benötigt.
Kapitel 3: kundenspezifische Auslegung
Wir fertigen jedes Push-Rod System auf Kundenbestellung und haben daher die Möglichkeit, auf alle Wünsche oder technischen Gegebenheiten (z.B. Bauräume) einzugehen. Bei bisher nicht realisierten Fahrzeugmodellen oder bei umgebauten Fahrzeugen mit gravierenden Änderungen verglichen zu einer Serien-Karosserie scannen wir den Bauraum mittels 3D Laser Scan.
Optional bieten wir Unterstützung bei Inbetriebnahme und/oder bei Einbau von Messtechnik, ebenso wie Abstimmbegleitung mit oder ohne Datenaufzeichnung.
Die benötigten Federbeine oder auch ein Gesamtfahrwerk (VA+HA) können Sie wahlweise über uns beziehen (KW V3 racing) oder anhand unserer vorgegebenen Zeichnung von einem Hersteller Ihrer Wahl anfertigen lassen. Gerne legen wir auch in diesem Fall zusammen mit Ihnen Federrate und einen Dämpfkraftbereich fest.
Kapitel 4: Historie, Anwendungen und weitergehende Links
4.1 Historie
Glaubt man der Literatur, kam das erste Push-Rod System im Jahr 1961 in einem Lotus 21 zum Einsatz.
HIER KLICKEN
4.2 bekannte Anwendungen
Eine Auswahl an Straßenfahrzeugen mit Push-Rod, in alphabetischer Reihenfolge:
- Ariel Atom - 2000 - Vorder- und Hinterachse
- Aston Martin One-77 - 2009 - Vorder- und Hinterachse
- Ferrari F50 - 1995 - an Vorder- und Hinterachse
- Ford GT - 2017 - Vorder- und Hinterachse
- Gumpert Apollo - 2005 - Hinterachse
- KTM X-Bow - 2008 - Vorderachse
- Lamborghini Aventador - 2011 - Vorder- und Hinterachse
- McLaren F1 - 1993 - Vorderachse
- Porsche 911 GT1 - 1996 - Hinterachse
- Porsche Carrera GT - 2003 - Vorder- und Hinterachse
- Rimac Concept One - 2013 - Vorderachse
- RUF SCR und CTR - 2019 - Vorder- und Hinterachse
4.3 weitergehende Links
Eine interessante Bachelor-Arbeit aus dem Jahr 2009 von Andrew Bayer, University of Cincinnati:
HIER KLICKEN
Kapitel 5: Push-Rod Systeme von ZORN Motorsport
Auch wenn wir das Rad an dieser Stelle nicht neu erfinden, sind wir überzeugt von den technischen Vorteilen der Push-Rod Anlenkung.
Die Herausforderung, ein kompakt bauendes und dennoch möglichst flexibles System zu entwerfen hat uns angetrieben – ohne Abstriche bei der Zuverlässigkeit zu machen:
- die entworfene mehrteilige Lager-Einheit ist vollkommen wartungsfrei und reibungsarm
- alle Lagerteile wurden ausgelegt auf Betriebsfestigkeit über Lebensdauer
- die Übersetzungsverhältnisse sind dank flexibler Arm-Längen anpassbar
- eine große Feder-Auswahl ist verfügbar, um ein breites Spektrum von Achslasten und Einsatzzwecken abzudecken
Alles mit dem klaren Ziel vor Augen, die theoretischen Vorteile in einen echten Wettbewerbsvorteil auf der Strecke umzuwandeln.
[Bild Rocker gefräst]